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Korsika - stürmische Schönheit im Mittelmeer

Der würzige Duft der Macchia, des Buschlandes, oder der Pinien- und Kastanienwälder, glasklare Bergbäche, die sich über zahlreiche Becken in das nahe Mittelmeer ergießen, liebliche Strände und Orte, in denen die Zeit ein Stück weit stehen geblieben zu sein scheint, dies alles ist Korsika, kann Korsika sein. Und mit genau diesen Erwartungen bin ich Ende August, nach gut 2 Wochen Reisepause, die noch durch einen spontanen Trip nach Paris unterbrochen wurde, bin ich auf die Insel der Schönheit, wie die Franzosen sie nennen, aufgebrochen. Kontrastprogramm sozusagen zu Island und den Färöern, zwar auch eine Insel, aber diesmal eine mit "richtigem Sommer" und mediterranem Klima. Ist auch so, kam aber trotzdem zunächst einmal ganz anders.

Die Wettervorhersage für die ersten Tage Korsika war alles andere als gut. Es waren heftige Winde und Starkregenfälle angekündigt ausgelöst durch ein Tief im Golf von Genua, welches Auswirkungen bis nach Süddeutschland und in den gesamten Alpenbereich haben sollte.

Aber geplant ist geplant, und so stieg ich mit etwas Verspätung - bedingt durch ein Gewitter am Frankfurter Flughafen - in den Flieger ein und war knapp 1 1/2 Stunden später auch schon in Bastia. Was für eine Waschküche, zwar kein Regen aber knapp 30 Grad und eine Luftfeuchtigkeit, die dem Monsun alle Ehre machen würde.

Die erste Nacht war in Ordnung. Ich dachte schon, die Wetterhasen in den Medien hätten deutlich übertrieben. Zwar gab es nachts Gewitter, Regen und Wind. Aber irgendwie blieb das alles im Rahmen, und ich konnte am ersten Morgen das Zelt sogar halbwegs trocken abbauen. Der Übernachtungsplatz, ein Campingplatz etwa 2 Kilometer hinter Ponte Vecchia in Richtung Corte war legendär. Kein Luxus, alles ein bisschen "schabby", der Betreiber mit seinem schulterlangen aber dennoch schütteren Haar könnte auch in einem Tolkien Film eine Rolle übernehmen. Er war sehr gesprächig, und zeigte mir gefühlt jede Ecke seines Platzes. In dem kleinen Restaurant, das zum Campingplatz gehörte, saßen die Katzen auf dem Tischen. Aber egal, die Menschlichkeit stimmte und das Essen war vorzüglich. Eine mit Kräutern und Brocciu, einem korsischen Käse, gefüllte Teigtasche. Und offenbar frisch aus dem Garten, in dem Gemüse, Kräuter und Tomaten wuchsen. Dazu ein Rotwein aus Korsika und der Schlaf kam dann nach dem langen Tag schnell. Nach einer gewittrigen Nacht mit Donner, der an den Bergflanken widerhallte und Blitzen, die das Zelt-Innere immer wieder taghell werden ließen, konnte ich mein Zelt morgens trotzdem fast trocken zusammenbauen. Es folgte ein Frühstück in Ponte Vecchia (noch hatte ich keine Gaskartusche für meinen MSR Kocher und die sollte ich erst nach langem Suchen am nächsten Tag bekommen) und dann bin ich über die kleinen Straßen der Castagniccia und weitere kleine Straßen westlich von Bastia bis nach Saint Florent gefahren und von dort aus ein paar Kilometer weiter nördlich bis nach Farinole. Und der ganze Tag war trocken, zwar wurden die Wolken im Verlaufe des Nachmittags dicker, aber es blieb trocken und auch relativ windstill.

Für abends kurz vor 20 Uhr habe ich mit eine Pizza bestellt, und was soll ich sagen, kurz vorher drehte der Wind mächtig auf und es begann erst zu regnen, dann zu schütten. Also habe ich die Pizza notgedrungenermaßen  im Zelt verspeist und  habe dabei dann schon sehen können, wie sich allmählich keine Bäche den Weg über den Boden des Campingplatzes (der unter Olivenbäumen lag und damit eher einer Ansammlung von Staub, Blättern und Sternchen glich) bahnten und dabei mein Vorzeit auch nicht aussparten. Ich stand aufgrund der Wetterwarnung nicht unter einem Baum, sondern hatte mir eine große dichte Hecke als Windschutz ausgesucht, was auch funktioniert hat. Aber der heftige Regen ließ den Matsch auf der Erde nachts dann etwa 20cm hoch am Zelt spritzen, so dass ich nach der 2. Zeltnacht weder ein trockenes noch ein sauberes Zelt hatte und zudem kaum Schlaf fand. Etwa 1 Stunde musste ich putzen um das Gröbste weg zu haben und in den nächsten Tagen immer wieder nacharbeiten. Schlafsack, Isomatte ... rundum, alles, was im Zelt war, war feucht bis nass. So eine heftige Zeltnacht hatte ich noch nie erlebt, auch in Island oder auf den Färöer Inseln nicht. Und um das Zelt herum und auch darunter konnte man sehen, welche Wege sich das Wasser über den matschigen aufgeweichten Boden genommen hatte. Bienvenue en Corse - mal schauen, kann eigentlich nur besser werden. ;-)

Etwas frustriert bin ich am nächsten Morgen weitergefahren und habe mich in Saint Florent erstmal in einer Bäckerei mit Kaffee und etwas Süßem - das ja auch stimmungsaufhellend sein soll - eingedeckt. Bei einem Bummel durch den Ort habe ich dann im 4. Laden endlich eine passende Gaskartusche entdeckt, auch kleine Lichtblicke sind Lichtblicke. Campinggas gibt es an jeder Ecke. Die eigentlich universelleren MSR/Primus/Optimus Kartuschen sind Mangelware. Also eine ganz große genommen, die hält hoffentlich bis zum Ende der Zeit in Korsika und sichert zumindest den morgendlichen Kaffee. Weiter ging es dann in Richtung Plage de l'Ostriconi, den ich von einer Shootingreise von vor drei Jahren schon kenne, den ich diesmal aber ganz anders erlebt habe. Der Strand besticht normalerweise durch seine wunderbare Dünenlandschaft, die zudem nach dem Sturm absolut "jungfräulich", d.h. nicht von zahlreichen Fußabdrücken "verunstaltet" war (Bilder folgen noch). Vielmehr hat mich aber das Meer beeindruckt. Es schien mir, als wolle das Mittelmeer im Sommer Nordatlantik spielen, so aufgewühlt war es. Gefühlt Nordatlantik in warm. Fotogen aber auf jeden Fall, zumal das Licht im Laufe des Tages immer besser wurde. Und so blieb die folgende Nacht auch trocken und nahezu windstill.

Eigentlich wollte ich die nächste Nacht zwischen Calvi und Galeria verbringen. Der Platz in Argentella ist aber leider geschlossen, weil die weiter oben im Tal liegende Sperrmauer nicht mehr stabil ist und so Überflutungen drohen. Also kurzerhand in Galeria übernachtet, einem Nest, das mich nicht besonders anspricht, das aber von der Entfernung noch passte, um dann am nächsten Tag weiter Richtung Porto, in die Spelunca-Schlucht, in die Calanques de Piana und in den Wald von Aitone zu fahren. Das ist für mich ein bisschen Korsika at it's best, so dass ich in dieser Region ein paar Tage verweilen werden und nach der Kühle in Island und dem Schmuddelwetter zuhause nun meine ersten richtigen Sommertage dieses Jahr bei knapp 30 Grad verbringe.

Die Gegend rund um Porto ist irgendwie wie Legoland, es gibt alles. Berge, kristallklare Flüsse, skurile Felsformationen, die in vielen Bereichen rötlich schimmern. Schweine, die auf den ohnehin engen Straßen liegen und es sich gut gehen lassen (und sich manchmal auch für die essbaren Kofferrauminhalte der Reisenden interessieren. Und wenn man will tagsüber auch Action zum Beispiel im Boot oder abends Animation. Ich habe die ruhigeren Varianten vorgezogen und die Gegend auf einigen kleinen Wanderungen durch die Calanques, in die Schluchten und in der Forêt d'Aitone erkundet