Jahrelang hatte ich mir gesagt, dass ich auch bei den Objektiven ausschließlich bei Nikon bleiben würde. Zwar hatte ich 1995 zu Analogzeiten mit Minolta und zwei lichtstarken Sigma Optiken gute
Erfahrungen gemacht, was mir damals als Student entgegenkam, da diese Optiken deutlich günstiger als die Minolta Objektive waren. Mit dem Umstieg auf Nikon stellte sich für mich die Frage nach
Fremdobjektiven erstmal nicht, weil man dort auch für relativ kleines Geld viele ältere Nikkore bekommen konnte. Und dann habe ich immer wieder gerade bei Sigma von Freunden gehört, dass sie
ältere Objektive (meist HSM der ersten Generation) nicht mehr mit AF an einer neuen Kamera nutzen konnten, so z.B. bei einem guten Freund, der allerdings mit Canon fotografiert. Und da Sigma,
Tamron und Co. sich einige Jahre (hochwertige Makros ausgenommen) verstärkt auf Kit-Zooms oder, im Falle von Sigma, auf extreme Telebrennweiten konzentriert haben, habe ich diese Objektive nicht
mehr sonderlich auf dem Schirm gehabt.
Das hat sich in den Monaten nach der Photokina 2012 allerdings verändert. Dort hat Sigma seine neue Serie an Produkten mit ersten Linsen vorgestellt, bei der mir vor allen Dingen drei Dinge sehr
gut gefallen haben.
1. Die Update-Fähigkeit durch einen USB-Dock, der die oben beschriebenen Kompatibilitätsprobleme elegant umgehen bzw. lösen kann.
2. Das hochwertige Finish und der Eindruck von Wertigkeit bei den Art und Sports Serien von Sigma.
3. Die Möglichkeit des Bajonettwechsels im Falle eines Systemwechsels (ist für mich zwar derzeit keine Option. Aber die Möglichkeit, hochwertige Objektive auf einen anderen Kameraanschluss
umbauen zu lassen, finde ich spannend).
Die ersten Berichte zu den Linsen, die mich am meisten interessierten, dem Sigma Art 1,4/35mm HSM und dem Sigma Sports 2,8/120-300 HSM, kamen von Canon Fotografen, da die Nikon Anschlüsse leider
erst mit deutlicher Verzögerung am Markt verfügbar waren. Die Berichte waren aber zumeist sehr positiv.
So habe ich vor einigen Monaten beim Sigma Art 1,4/35mm zugeschlagen. Zuvor hatte ich das 2/35mm von Zeiss und das Nikkor AIS 2,8/28mm. Beide Optiken sind sehr gut und haben dem Sigma vor allen
Dingen das geringere Gewicht voraus. Aber das Sigma ist ja auch 1-2 Blenden lichtstärker. Die Farben beim Zeiss und die Naheinstellgrenze beim Nikkor sind eine Wucht und auch optisch können beide
Objektive überzeugen. Da ich aber in vielen Situationen den AF vermisst habe (z.B. vom Fotografieren von Personen nahe der Offenblende) habe ich mich entschieden, nach einem AF Objektiv zu
schauen. Und so landete das Sigma in meiner Fototasche. Im letzten halben ja habe ich es an D800E, D600, D3200 und neuerdings der D810 genutzt. Für die D810 war ein Firmware Update des Objektivs
erforderlich, damit die Linse auf im Liveview mit AF läuft. Das war aber völlig unkompliziert.
Mechanik:
Die Optik macht einen sehr wertigen Eindruck und hat ein ordentliches Gewicht, das Solidität vermittelt. Verglichen zu modernen Nikkoren gefällt mir die Machart des Sigmas besser. Der Fokusring
ist schön gedämpft und lässt sich somit gefühlvoll fokussieren. Allerdings muss man beim Fokussieren umdenken, da die Fokussierung in die entgegen gesetzte Richtung wie bei den Nikkoren läuft (so
wie bei Canon). Da ich diese Linse aber meistens mit AF oder Liveview benutze, ist das für mich kein großer Nachteil. Schön ist der Filterdurchmesser von 67mm, der somit auch etlichen moderen
Nikkoren entspricht (z.B. AF-S 1,8/85mm und AF-S 4/70-200mm).
Optik:
Die Schärfeleistung der Linse ist richtig gut. Schon die Offenblende ist nutzbar, ab ca. Blende 1,8-2 wird das Objektiv auch an der D810 richtig gut in der Mitte, noch etwas stärker abgeblendet
ziehen auch die Ränder noch mal deutlich nach. Als Beispiel habe ich heute mal einen interessanten Baum bei Blende 2,0 aufgenommen, der auf einer Seite zugemauert ist. Der 100% Ausschnitt ist
nicht nachgeschärft worden.
Die Gegenlichtunempfindlichkeit der Linse ist sehr gut. Sofern die Frontlinse sauber ist, zeigen sich dort nur sehr minimale Reflexe und Abzeichnungen, die stark vom Winkel des Lichteinfalls
abhängen, über die man sich aber (anders als bei den meisten Zooms) kaum Gedanken machen muss. Die Kontrastminderung bei Gegenlicht ist minimal. Die Farbgebung tendiert meines Erachtes ganz
leicht ins Warme. Das ist aber nichts, was man nicht in der EBV nachträglich anpassen könnte.
Diese Aufnahme links belegt das ganz gut. Stärker abgeblendet ist das Sigma ein schönes Objektiv für die Landschaftsfotografie, da selbst an der hochauflösenden D810 bei Blenden zwischen 4-8 die
Randschärfe rundum überzeugt. Stärker abgeblendet zeigen sich dann schöne Blendensterne, allerdings landet man dann an der D810 im Bereich der Beugungsunschärfen, die allerdings in der
Nachbearbeitung mit einer nachträglichen Schärfung gut zu beheben sind.
Gerade bei Nachtaufnahmen mit punktförmigen Lichtquellen arbeite ich gerne mit diesen kleinen Blenden.
AF Verhalten:
Das Sigma stellt schnell scharf und findet den Schärfepunkt ohne Ruckeln, was ich von anderen Fremdherstellern mitunter kenne. Allerdings habe ich mit dem USB Dock die Korrekturwerte für die
Scharfeinstellung an der D810 etwas anpassen müssen. Mit dem Objektivdock kann ich Korrekturwerte für 4 unterschiedliche Entfernungen im Objektiv hinterlegen. Während die Naheinstellung (bis ca.
2 Meter) keine Korrekur erfoderte, habe ich im Fernbereich eine Plus-Korrekur im Objektiv hinterlegt. Man mag darüber denken, wie man will, ich finde diesen Ansatz von Sigma gelungen, da gerade
hochauflösende Kameras wie die D810 leichte Fehlfokussierungen deutlicher zeigen und ich schon bei verschiedenen Objektiven (acuh Nikkoren) feststellen musste, dass der AF nicht in allen
Entferungsbereichen gleich präzise arbeitet.
Bildanmutung/Bokeh:
Bie einem Weitwinkel kann man darüber vielleicht streiten, wie wichtig die Art und Weise ist, wie Hintergrundunschärfen bei Offenblende dargestellt werden. Nur soviel dazu. Während die
klassischen Bokehringe natürlich bei einer leichten Telebrennweite ausgepägter sind, kann man sie bei Offenblende hier auch sehen, wenn der Fokus eher im Nahbereich liegt. Sie dürften aber etwas
flächiger und ruhiger sein (beim Sigma sehen sie etwas übertrieben gesagt aus, wie die Schichten einer Zwiebel). Was mir allerdings sehr gut gefällt, ist die Art, wie der Hintergrund generell
aufgelöst wird bei Offenblende. Er ist weich, liefert aber noch einen Eindruck von dem, was dort zu sehen ist. Auf diese Weise kann man, wie bei dem Bild oben, sehr schön freistellen und bekommt
ein sehr plastisch wirkendes Bild.
Fazit:
Gemessen am Preis (das Nikon-Pendant kostet mehr als doppelt so viel) ist das Sigma eine absolute Empfehlung. Schärfe und Verarbeitung sind top, die Feinanpassung über das USB Dock eine sehr
durchdachte "Tuning-Möglichkeit". Das Objektiv ist an Kameras wie der D810, D600 schön austariert, an leichteren Kameras, wie z.B. vielen Nikon APS-C DSLR oder solchen mit anderem Griff wie der
DF, könnte es etwas kopflastig sein. Die Nano-Vergütung des Nikkors mag noch mal etwas mehr Microkontrast liefern und auch das Bokeh des ein oderen anderen Mitbewerber mag noch mal einen Ticken
weicher sein. In der Summe seiner Eigenschaften kann das Sigma aber rundum überzeugen und das erst Recht dann, wenn man den Preis in die Überlegungen mit einbezieht. Für die D810 wie auch deren
Vorgänger ist es ein idealer Spielgefährte, der schon offen und erst recht leicht abgeblendet viel vom Auflösungspotential dieser Kameras nutzt.
Mich jedenfalls hat das Sigma neugierig auf die Art Serie gemacht. Das neue Sigma 1,4/50mm Art reizt mich sehr und wäre wohl schon in meiner Fototasche, wenn es nicht so schwer wäre und daher für
längere Einsätze auf Reisen erstmal das Nikon 50er in der Fototasche bleibt.
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