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Wairapapa und die Ostküste - Dark Skies Teil 1

Es gibt viele Gründe, Neuseeland zu bereisen. Die abwechslungsreiche Natur mit hohen Bergen, wilden Stränden. Die einzigartige Pflanzen- und Tierwelt mit Kiwis, Keas, Urwäldern, alten Kauribäumen. Die entspannten Menschen ... oder aber der Nachthimmel, der vielerorts nicht durch die in Europa fast allgegenwärtige Lichtverschmutzung gestört wird.

So kommt es nicht von ungefähr, dass mein erstes Foto der Milchstraße in Tekapo auf der Südinsel entstanden ist. Die Nachthimmel in Neuseeland sind beeindruckend, man kann mit dem bloßen Auge Nebel in der Milchstraße sehen.

Normale Wolken, die in Europa nachts häufig hell sind, weil sie das Licht der Städte und Siedlungen reflektieren, sind hier häufig fast schwarz, zumindest wenn der Mond nicht scheint und flach über dem Horizont steht.

Absolut beeindruckend und schon für sich alleine genommen ein guter Grund, Neuseeland einen Besuch abzustatten. Dann aber am besten etwas außerhalb der absoluten Hochsaison im Dezember und Januar, weil dann das Zentrum der Milchstraße nicht sichtbar ist. Ab Februar steht das dann in der zweiten Nachthälfte wieder über dem Horizont im Osten.

Mein alter Startracker hat in letzter Zeit mehr Probleme gemacht, als dass er zu scharfen Bilder verholfen hätte. Offenbar war am Motor der Nachführung etwas ausgeschlagen. So habe ich schon vor der Abreise nach Neuseeland in Deutschland nach Ersatz gesucht und kurzerhand den Nachfolger meines alten Strartracker bestellt, den Move Shooti Move Nomade. Eingesetzt habe ich ihn aber bislang noch nicht.

Denn eigentlich war er meine zweite Wahl. Ich hatte mich auf einen Startracker fokussiert, der die Ausrichtung stärker automatisiert und auch dann funktioniert, wenn der Blick auf den Polarstern bzw. das Zentrum der Rotationsachse der Erde im Südhimmel nicht frei ist. Und zweitens bringt der Laser, der auf der Nordhalbkugel bei freier Sicht auf Polaris eine schnelles "polar alignment" zulässt, auf der Südhalbkugel nichts, da dort kein Stern faktisch im Zentrum der Rotationsachse steht, wie das mit dem Polarstern auf der Nordhalbkugel der Fall ist.

In Auckland angekommen, steht da aber dann genau der Startracker, den ich in Deutschland vergeblich zu bekommen versucht habe, im Laden. Und das auch noch zu einem guten Preis. Also ein paar Tage rund um den Vollmond überlegt, als ich im Norden der Nordinsel unterwegs war, und dann faktisch auf dem Weg in den Süden der Nordinsel als Geburtstagsgeschenk an mich selbst zugeschlagen. 

Das Gerät, der Benro Polaris, ist deutlich komplexer als der auf das Wesentliche reduzierte Move Shoot Move Nomad. Er wird über das Handy und eine eigene App kontorllert. Mit Hilfe des Kompass und der GPS Koordinaten, die das Handy liefert, wird der Benro Polaris kalibriert und weiß dann schon relativ genau, wo er sich befindet. In einem nächsten Schritt erfolgt dann eine Feinjustage, indem man einen Stern aus einer Liste wählt, den der Polaris dann ansteuert. Da die Kamera mit dem Gerät verbunden ist, kann man über die App auf dem Handy, ob dieser Stern wirklich exakt im Zentrum steht. Ist das nicht der Fall, kann man den Benro über Tasten auf dem Bildschirm des Smartphones so nachjustieren, so dass der ausgewählte Stern wirklich genau zentriert ist. Dann kann man die eigentliche Nachführung starten. Der Vorteil ist der, dass ein Stern ausgewählt werden kann, der hell und auch sichtbar ist. Der Polarstern bzw. der südliche Himmelspol nahe des Octans Sternbilds kann ja durchaus auch mal verdeckt sein ... durch Wolken, einen Baum oder ähnliches. Ich habe für die Kalibrierung Jupiter bzw. Betaigeuze im Sternbild Orion genutzt, weil beide schon kurz nach Sonnenuntergang gut erkennbar waren und ich so das neue Gerät nicht in absoluter Dunkelheit bedienen musste.

Der neuseeländischen Hauptstadt Wellington sagt man ja nach, eine der windigsten Hauptstädte der Welt zu sein. Auf Teile der Region Wairapapa östlich der Hauptstadt, trifft das auf jeden Fall auch so. Von 5 Nächten, die ich dort verbracht habe, waren zwei Nächte mit Sturm und so starkem Wind, dass Langzeitbelichtungen des Nachhimmels nicht möglich waren. Und wie die Bilder zeigen, war es leider auch nicht immer klar nachts, wenngleich für einen Sonnenuntergang Wolken immer ein Gewinn sind. An insgesamt drei Nächten (bzw. Teilen davon) konnte ich mein Glück versuchen und den Sternhimmel fotografieren. Und wenn die Sterne sich zeigten, dann war das wirklich eine Offenbarung. 

In dieser Klarheit habe ich den Sternhimmel bewusst noch nicht gesehen. Und das, obwohl ich mich immer noch voll auf die Bedienung des neuen Starttrackers konzentrieren musste. Die geringe Lichtverschmutzung und die klare und saubere Luft hier mitten im Südpazifik sind offenbar eine gute Kombination. Castlepoint, der Ort mit dem Leuchtturm, wird auf einer Skala für Lichtverschmutzung als Bortle 1, und damit absolut dunkel. eingestuft. Dabei hat man sicherlich das Licht des Leuchtturms nicht berücksichtigt. ;-)

Ein paar Takte möchte ich zum Benro Polaris gerne noch loswerden. Das Justageprozess ist verständlich und geht relativ schnell, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat. Die größte Fehlerquelle ist, das Handy bei der Justierung in die falsche Richtung zu halten. Dann sind Nord und Süd vertauscht. Die Qualität der Nachführung ist gut. Ich habe im Weitwinkelbereich Aufnahmen bis zu 4 Minuten gemacht, die zwar ganz geringes Startrailiing zeigen, was aber auch daran liegen mag, dass ich für die Justage Sterne gewählt habe, die nicht nahe an den Objekten im Sternhimmel lagen, die ich fotografiert habe. Ich glaube, dass mit etwas mehr Routine im Umgang mit dem Benro Polaris, 3-4 Minuten Belichtungen im Weitwinkelbereich machbar sein sollten (und zwar auch an einer relativ hochauflösenden Kamera wie der Nikon Z7II und Z8, die ich nutze). 

Die letzten beiden Nächte waren bewölkt und mit Regen, was etwas schmerzt, da der Neumond unmittelbar vor der Tür steht. Der Himmel in Wairapapa hat mich Blut lecken lassen. Ich versuche daher, dem schlechten Wetter auszuweichen und nach Norden zu fahren, wo ich ohnehin den Mietwagen in ein paar Tagen abgeben muss. So hoffe ich, am Wochenende auf der Coromandel Halbinsel noch mal einen klaren Himmel bei fast Neumond zu haben. Fingers crossed. 

Und ich hatte Glück. Auf dem Weg nach Süden hatte ich mich schon einmal auf dem Beach Camping Platz bei Opoutere einquartiert und festgestellt, dass der schöne Blicke nach Südost zulässt. Außerdem gibt es dort richtig guten Kaffee aus einer Siebträgermaschine bei freundlicher Atmosphäre. Mein Plan war eigentlich, direkt am Strand zu fotografieren, aber der sandige Untergrund wäre für die Langzeitbelichtungen bei einer spürbaren Briese vom Meer nicht stabil genug gewesen. Im Bereich hinter der Sandbank gab es aber Fläche, die je nach Gezeiten mit flach mit Wasser gefüllt war, das dort dann relativ ruhig stand. Dieser Ort erschien mir optimal. Von einer kleinen Brücke aus, konnten man die sanfte Spiegelung des Sternlichtes mit einfangen. Auch wenn man auf dieser Brücke schonmal einem Tier nachts im Weg stand (ich glaube es war ein Possum). In der ersten Nacht hatte ich mit Wolken vor dem Zentrum der Milchstraße zu kämpfen, aber in der zweiten Nacht hatte ich Glück und gegen 3.30 Uhr haben die Wolken den Blick auf das Herzstück unserer Galaxie freigegeben. Ich war überrascht, der Ort war zwar nicht ganz so dunkel wie die Stellen in Wairapapa aber dunkel genug, dass man den Eindruck haben konnte, dass das Licht der Milchstraße Schatten wirft.  An den Orten, an denen ich bislang fotografiert habe, wäre das undenkbar. Die Strukturen, insbesondere die Staubwolken, waren mit bloßem Auge erkennbar.

Und auch der Benro hat sich bewährt. Was ich genial finde, ist, dass man zwischen Tracking und nicht Tracking hin und her schalten kann. So wird es einfach, Vorher- und Hintergrund direkt nacheinander zu fotografieren. Ich bin zunächst davon ausgegangen, dass nach jeder Aufnahme, in der das Tracking deaktiviert war, eine neuerliche Justierung stattfinden muss. Offenbar kann der Polaris aber anhand der Zeitinformationen und Koordination errechnen, wo ein Stern aktuell steht und die Nachführung dann wieder darauf anpassen. Ich habe dem erst nicht getraut, dann aber festgestellt, dass das wirklich gut geht. Dem werde ich aber weiter nachgehen.

Nach einer Positionsveränderung, beispielsweise wenn man eine bestimmte Sternenkonstallation anfährt, braucht der Benro Polaris ein paar Sekunden, bis die Nachführung leicht wahrnehmbar startet, erst dann sollte man die Kamera auslösen, da das Bild ansonsten durch den Start der Nachführung Bewegungsartefakte an den Sternen hat.

Ich bin auf jeden Fall zufrieden auch wenn ich sicherlich noch am Beginn einer steilen Lernkurze stehe. In ein paar Wochen habe ich auf der Südinsel ja noch mal einen Neumond. Morgen geht es aber erstmal nach Auckland, Mietwagen abgeben, um dann am Mittwoch auf die Südinsel zu fliegen. Ich freue mich auf den Spätsommer im kühlen und schroffen Süden.